Weihnachtsfeier im Dojo am 14. Dez. 2017

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Besondere Zeiten brauchen besondere Momente; das Ende eines Jahres scheint für das Besinnen auf Vergangenes wie geschaffen zu sein, einfach um das Gute nochmals genießend vor dem geistigen Auge vorüberziehen zu lassen. Es ist schön, alle Facetten des Vergangenen in uns selbst auszukosten gleich dem Genießen eines heißen Bades mit Aromen und Blütenblättern im Kerzenschein.

So trafen sich an einem Mittwochabend vor dem Weihnachtsfest im Aikido Zentrum Hamburg all diejenigen, die Erinnerungen an viele gemeinsame Trainingsstunden und gute Zeiten über das Jahr teilten:

Nah beisammen saßen wir mit geschlossenen Augen im Seiza. Stille legte sich über das Dojo.

„O-negai-shimasu!“

Das Rascheln der Hakamas brachte wieder Bewegung in den angenehm ausgeleuchteten Raum. Beginnend mit einer umfassenden Aufwärmübung dehnten wir unsere Körper und eine einfache Konzentrationsübung schärfte unsere Konzentration mit viel Vergnügen. Dies war eine gute Vorbereitung für das Kommende.

Matthias erdachte sich eine Übungssequenz, deren Aufgabe darin bestand, Nage wie Uke in einer fließenden Bewegung miteinander spielen zu lassen. Eine Herausforderung par excellence, der Sinn des Ganzen war nicht eine Technik in Perfektion einzustudieren. Der Körper sollte „erkennen“ lernen, was sich in dem jeweiligen Moment innerhalb der Bewegung als gut und richtig einfügen ließe. Damit beiden Mitwirkenden für ein Weiterführen der Form die Energie zugutekommen konnte, durfte keine Seite die absolute Kontrolle übernehmen. Ein schwieriges Unterfangen!

Für den Anfang war es eine Herausforderung, doch Schritt für Schritt und mit viel Übungszeit entwickelte sich das wundervoll anzusehende Endprodukt:

Uke gab seinen Impuls mit Men-uchi an den Nage weiter, der mit Ikkyo ura weich diesen Vorstoß auffing und die Energie in eine runde Bewegungsform leitete. Die Sequenz konnte nur ihre Fortführung erhalten, wenn Uke darauf achtete, das Verlieren seines festen Standes im Gleichgewicht durch tiefe Schwingbewegungen mit den Beinen wieder zu stabilisieren. Diese Abfolge ließe sich grob mit den drei Einheiten Impuls, Technik und Stabilisierung umschreiben, die sich ständig wiederholten. So ging es fließend vom Ikkyo ura in den Kote-gaeshi mit anschließendem Ikkyo omote über.

Bevor sich Uke aus dem nach vorn gebeugten unsicheren Stand wieder aufrichten durfte, nahm Nage die am Ellbogen befindliche Hand, legte sie von oben um den Arm des Gegners und erfasste die eigene andere; mit diesem Griff richten sich beide auf und Nage führt in eine Drehung mit einem angedeuteten Shiho-nage, das den Uke erneut destabilisierte. Die Hände des Ausführenden lösten sich, um hinter den Uke treten zu können. Mit dem Erfassen der Schulter und dem Herumwirbeln des Angreifers ging die Form in den ersten Teil des Irimi-nage über.

Mit einem Kokyo-nage und Seitenwechsel zu Kaiten-nage soto ergab sich schließlich das Ende der Form im Ude-garami. Die schnelle Ausführung ähnelte einem wirbelnden Tanz, da die runden Bewegungen der sich aufbauenden Energie folgten. Begeistert probierten wir mit vielen Wiederholungen, bis schließlich die Uhr an ein Aufhören erinnerte.

So bedankten wir uns mit einem breiten Lächeln der Zufriedenheit:

„Domo arigato gozaimashita!“

Formelles Verhalten hilft den Gedanken wach und fokussiert zu bleiben. So stellte unser Trainer anschließend die großen Leistungen des Jahres in den Vordergrund:

Peer erarbeitete sich im Sommer seinen 2. Dan und erhielt die frisch aus Tokyo eingetroffene Urkunde vom Hombu Dojo überreicht: ein sehr schön anzusehendes Dokument! Ludger absolvierte außerdem vor nicht allzu langer Zeit die Prüfung für den 1. Dan. Applaus trug die Ausgezeichneten und beendete den offiziellen Teil des Abends.

Mit einem Gewusel durch alle Räumlichkeiten ähnelte nun die Stimmung der Vorbereitung zu einer Klassenfete. Die einen stapelten Mattenhügel für eine lange Tafel, andere „entkleideten“ die mitgebrachten Leckereien und wieder andere durften bereits unter der Dusche ihre erste Erfrischung finden.

Et voilà! Unsere Sinne waren gefragt: Eine drei Meter lange, mit einem Tischtuch verzierte bunte Tafel bot dem Betrachter in allen erdenklichen Farben das Mitgebrachte dar: verschiedene Salate, Frikadellen, Kuchen und Kekse, aufgeschnittene Brote, vegetarische Pizza, Käse in allen Varianten, Obst und Gemüse sowie Getränke mit hohem Elektrolytgehalt. Düfte von Kräutern und Gewürzen durchzogen den Raum. Wer bis zu dieser Minute noch keinen Hunger verspürte, änderte ziemlich schnell seine Meinung, setzte sich und genoss in einer quirligen Gesellschaft diesen Abend.

Das Tafeln in bunter Gemeinschaft hat seinen eigenen Reiz. Wenn man einen Moment innehält und all die Farben und Geräusche auf sich einwirken lässt, zeigt sich das bunte Glitzern zwischen den Menschen, die interessante Gespräche führen oder sich während des Essens einfach wortlos mit Gestik und Mimik verständigten, da es sich einfach immer wunderbar anfühlt, etwas Schönes zu teilen. Denn genau darum ging es: Wir teilten Erinnerungen, wir teilten Bewegung und wir teilten Zeit, deren besonderer Wert sich erst in einem Miteinander offenbaren kann.

 

Christine F. Behrens